Polyzythämia vera, essentielle Thrombozytose, Osteomyelofibrose —
Polyzythämie Vera, Essentielle Thrombozytose und Osteomyelofibrose sind Blutkrankheiten, die als myeloproliferative Neoplasien (MPN) klassifiziert werden. Die drei Erkrankungen sind relativ selten und können in unterschiedlichen Formen auftreten, die sich in Schweregrad und Symptomen unterscheiden.
Was ist Polyzythämia vera, essentielle Thrombozytose, Osteomyelofibrose?
Polyzythämie vera (PV) ist eine Blutkrankheit, bei der das Knochenmark zu viele rote Blutkörperchen produziert. Dadurch wird das Blut dicker, was das Risiko von Blutgerinnseln erhöht. Es gibt eine primäre Form (nicht durch andere Erkrankungen verursacht) und eine sekundäre Form (z. B. durch Sauerstoffmangel).
Essentielle Thrombozytose (ET) ist eine Erkrankung, bei der das Knochenmark zu viele Blutplättchen produziert. Dies kann zu Blutgerinnseln oder Blutungen führen. Auch hier gibt es eine primäre Form und sekundäre Formen, die durch andere gesundheitliche Probleme entstehen können.
Osteomyelofibrose (OMF) ist eine Erkrankung, bei der das Knochenmark durch Narbengewebe ersetzt wird, was die Produktion von Blutzellen beeinträchtigt. Diese Erkrankung kann primär (ohne erkennbare Ursache) oder sekundär (z. B. als Folge anderer Blutkrankheiten) auftreten.
Alle drei Erkrankungen sind Teil einer Gruppe von Störungen, die als myeloproliferative Neoplasien bezeichnet werden und sich in ihrer Schwere und Symptomatik unterscheiden können.
Symptome
Polyzythämie vera (PV)
Kopfschmerzen: aufgrund der erhöhten Blutviskosität
Schwindel: durch verminderte Blutzirkulation
Juckreiz: oft nach dem Duschen oder Baden, verursacht durch erhöhte Histaminfreisetzung
Rötung der Haut: insbesondere im Gesicht
Sehstörungen: durch erhöhte Druckverhältnisse im Blut
Essentielle Thrombozytose (ET)
Kopfschmerzen: häufige Beschwerden aufgrund erhöhter Blutplättchen
Schwindel oder Benommenheit: furch schlechte Durchblutung
Blutungen: ungewöhnliche Blutungen (z. B. Nasenbluten) oder Blutergüsse
Bildung von Blutgerinnseln: kann zu Thrombosen führen, was Schmerzen und Schwellungen verursachen kann
Rötung oder Wärme: besonders in den Händen oder Füssen
Osteomyelofibrose (OMF)
Müdigkeit und Schwäche: aufgrund von Anämie
Knochenschmerzen: durch die Ansammlung von Narbengewebe im Knochenmark
erweiterte Milz oder Leber: diese Organe können geschwollen sein, was zu Bauchschmerzen führt
Fieber und Nachtschweiss: häufige Symptome aufgrund der Erkrankung
Blutungsneigung: erhöhte Anfälligkeit für Blutungen aufgrund von Veränderungen im Blutbild
Entstehung und Ursachen
Polyzythämie vera (PV)
Die genaue Ursache von Polyzythämie vera ist meist unbekannt, jedoch ist eine häufige genetische Mutation, insbesondere im JAK2-Gen, verantwortlich. Diese Mutation führt dazu, dass die Blutstammzellen im Knochenmark überaktiv werden und übermässig viele rote Blutkörperchen produzieren. In einigen Fällen kann PV auch sekundär zu chronischem Sauerstoffmangel oder bestimmten Tumoren auftreten.
Essentielle Thrombozytose (ET)
Auch bei der essentiellen Thrombozytose sind genetische Veränderungen, vor allem im JAK2-Gen, häufig zu finden. Diese Mutation führt zur übermässigen Produktion von Blutplättchen im Knochenmark. Die genauen Ursachen sind jedoch oft unklar und in einigen Fällen kann ET sekundär zu anderen Erkrankungen oder Entzündungen auftreten.
Osteomyelofibrose (OMF)
Osteomyelofibrose kann primär auftreten, oft ebenfalls durch genetische Veränderungen wie JAK2-Mutationen. Bei der primären Form führt die Störung zu einer übermäßigen Bildung von Bindegewebe im Knochenmark. Es kann auch sekundär zu anderen myeloproliferativen Neoplasien oder als Folge von chronischen Entzündungen auftreten.
Insgesamt sind diese Erkrankungen häufig mit genetischen Veränderungen im Zusammenhang, welche die normale Blutbildung im Knochenmark stören.
Diagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung: Die Ärztin oder Arzt erfragt Symptome und untersucht die Patientin oder den Patienten auf Anzeichen von Blutgerinnseln oder anderen Auffälligkeiten.
Blutuntersuchungen: Vollblutbild sowie Hämoglobin- und Hämatokritwerte
spezifische Tests: JAK2-Mutationstest und Knochenmarkbiopsie
Zytogenetische Analyse: Untersuchung der Chromosomen im Knochenmark auf Veränderungen, die mit myeloproliferativen Neoplasien assoziiert sind
Ultraschalluntersuchung: zur Überprüfung von Organvergrößerungen, wie einer vergrößerten Milz oder Leber
Behandlungen und Therapien
Die Wahl der Behandlung hängt von der Schwere der Erkrankung, den individuellen Symptomen und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab. Regelmässige Kontrollen sind wichtig, um die Therapie anzupassen. Bei der Polyzythämie vera (PV) kommen regelmässig Blutentnahmen, um die Anzahl der roten Blutkörperchen zu reduzieren und die Blutviskosität zu senken, als Therapie in Frage. Bei der Osteomyelofibrose (OMF) sind Knochenmarktransplantationen möglich. Bei allen drei Erkrankungen ist in den meisten Fällen eine medikamentöse Therapie notwendig.
Diagnostik
Folgende Methoden können zur Diagnosestellung zum Einsatz kommen.
Knochenmarkpunktion
Eine Knochenmarkspunktion ist ein medizinisches Verfahren, bei dem eine kleine Menge Knochenmark aus dem Inneren eines Knochens entnommen wird, meist aus dem Beckenkamm.
Ultraschall (Sonographie)
Ultraschall, oder auch Sonographie genannt, ist die Anwendung von Ultraschallwellen (vergleichbar der Schallwellen in Sprache oder Musik) als bildgebendes Verfahren unter anderem zur Untersuchung von organischem Gewebe in der Medizin.
Molekularbiologie
Mit molekularbiologischen Methoden kann Material nicht nur auf Ebene von einzelnen Zellen oder Geweben untersucht werden, sondern es können Aussagen zum möglichen Vorliegen oder nicht-Vorliegen von Veränderungen auf molekularer Ebene, also der Ebene des Erbmaterials oder einzelner Eiweisse oder Oberflächenstrukturen in Zellen oder Geweben gemacht werden. Dazu zählen auch Verfahren wie «next generation sequencing», in denen hunderte von Genen gleichzeitig untersucht werden können. In der modernen Krebsmedizin ist dies eine wichtige Grundlage für eine treffsichere Diagnose und Einschätzung der Prognose. Insbesondere sind diese Informationen wichtig für den zielgerichteten Einsatz molekular gerichteter Krebsmedikamente, was man auch als «personalized therapy» bezeichnet.
Zytogenetik
Die Zytogenetik ist ein Teilgebiet der Genetik, das sich mit der Struktur, Funktion und dem Verhalten der Chromosomen in Zellen befasst. Sie kombiniert Methoden der Zytologie (Zellbiologie) und Genetik, um genetische Erkrankungen, Chromosomenanomalien und Zellveränderungen zu untersuchen. Besonders wichtig ist sie in der medizinischen Diagnostik, etwa bei Krebs oder erblichen Erkrankungen.
Hämatologische Spezialdiagnostik
Die hämatologische Spezialdiagnostik umfasst spezialisierte Untersuchungen zur Abklärung von Blutkrankheiten, insbesondere malignen hämatologischen Erkrankungen wie Leukämien und Lymphomen. Ein zentrales Verfahren ist die Durchflusszytometrie, bei der Zellen anhand spezifischer Oberflächen- oder intrazellulärer Marker schnell analysiert und klassifiziert werden können. Ergänzend dazu ermöglicht die Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie die hochauflösende Analyse genetischer Veränderungen auf DNA-Ebene, was zur präzisen Diagnose, Prognoseabschätzung und Therapieplanung beiträgt. Zusammen liefern diese Methoden eine umfassende molekularbiologische und immunphänotypische Charakterisierung hämatologischer Erkrankungen.
Allgemeine Labordiagnostik
Die allgemeine hämatologische und onkologische Labordiagnostik umfasst Basisuntersuchungen zur Beurteilung von Blutbild, Blutzellen und Tumormarkern. Dazu gehören unter anderem das vollständige Blutbild, Differentialblutbild sowie Parameter zur Gerinnung und Hämolyse. In der Onkologie werden zusätzlich laborchemische Marker wie z. B. CEA, CA-19-9 oder PSA bestimmt, die Hinweise auf das Vorliegen oder den Verlauf einer Krebserkrankung geben können. Diese Diagnostik dient der Früherkennung, Verlaufsbeurteilung und Therapieüberwachung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen.