Verminderte Anzahl Blutzellen (Zytopenie) —
Zytopenie bezeichnet einen Zustand, bei dem die Zahl bestimmter Blutzellen unter dem normalen Niveau liegt. Die häufigsten Formen sind Anämie (zu wenige rote Blutkörperchen), Leukopenie (zu wenige weisse Blutkörperchen) und Thrombozytopenie (zu wenige Blutplättchen). Zytopenien können in allen Altersgruppen auftreten, sind jedoch bei älteren Menschen häufiger.
Symptome
Anämie (zu wenige rote Blutkörperchen)
Müdigkeit: allgemeine Schwäche und Erschöpfung
Blässe: helle Haut und Schleimhäute
Schwindel: insbesondere bei körperlicher Anstrengung
Kurzatmigkeit: besonders bei Anstrengung
Herzklopfen: schnelles oder unregelmässiges Herzklopfen
Leukopenie (zu wenige weisse Blutkörperchen)
Häufige Infektionen: erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten
Fieber: oft ein erstes Anzeichen einer Infektion
Schwäche: allgemeine körperliche Schwäche und Unwohlsein
Thrombozytopenie (zu wenige Blutplättchen)
Leichte Blutergüsse: auch bei geringfügigen Verletzungen
Nasenbluten: häufiges oder unstillbares Nasenbluten
Zahnfleischbluten: Blutungen beim Zähneputzen
Punkte oder Flecken: kleine rote oder violette Punkte (Petechien) auf der Haut
Entstehung und Ursachen
Anämie
Eisenmangel: häufigste Ursache, oft durch unzureichende Ernährung oder Blutverlust
Vitaminmangel: Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure, der die Blutbildung beeinträchtigt
Krankheiten: Hhronische Erkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz) können die Produktion von roten Blutkörperchen hemmen.
Leukopenie
Knochenmarkerkrankungen: Störungen wie Leukämie oder aplastische Anämie beeinträchtigen die Produktion.
Infektionen: Schwere bakterielle oder virale Infektionen können vorübergehend die Produktion von weissen Blutkörperchen reduzieren.
Medikamente: Chemotherapie oder bestimmte Antibiotika können zu einer Verringerung der weissen Blutkörperchen führen.
Thrombozytopenie
Autoimmunerkrankungen: Der Körper greift fälschlicherweise die eigenen Thrombozyten an (z. B. bei ITP).
Medikamente: Bestimmte Medikamente können die Produktion von Blutplättchen verringern oder deren Abbau erhöhen.
Knochenmarkserkrankungen: Krankheiten wie Myelodysplastisches Syndrom oder Leukämie können die Thrombozytenproduktion beeinträchtigen.
Diagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung
Blutuntersuchungen: Vollblutbild und Hämoglobin- und Hämatokritwerte
Retikulozytenzahl
Spezifische Tests: Knochenmarkbiopsie und genetische Tests
genetische Analyse: Untersuchung des Erbmaterials im Knochenmark auf Veränderungen, die auf bestimmte Erkrankungen hinweisen
Ultraschalluntersuchung: Überprüfung von Organen wie Leber und Milz, um Vergrösserungen oder andere Auffälligkeiten festzustellen
Behandlungen und Therapien
Anämie
Eisenpräparate: bei Eisenmangelanämie zur Wiederherstellung des Eisenhaushalts
Vitamin B12 und Folsäure: Ergänzungen bei Mängeln zur Unterstützung der Blutbildung
Erythropoese-stimulierende Faktoren: Medikamente wie Erythropoetin, die die Produktion roter Blutkörperchen anregen
Bluttransfusionen: bei schweren Anämien zur sofortigen Erhöhung der roten Blutkörperchen
Leukopenie
Wachstumsfaktoren: Medikamente wie G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) zur Förderung der Produktion weisser Blutkörperchen
Behandlung der zugrunde liegenden Ursache: bei Infektionen oder Medikamenten, welche die Leukopenie verursachen, muss die Therapie angepasst werden
Antibiotika: bei bakteriellen Infektionen zur Verhinderung schwerer Komplikationen
Thrombozytopenie
Thrombozytenkonzentrate: bei schwerer Thrombozytopenie zur Erhöhung der Blutplättchenzahl
Kortikosteroide: bei Autoimmunursachen zur Unterdrückung des Immunsystems
Medikamente: zur Steigerung der Thrombozytenproduktion
Splenektomie: Entfernung der Milz, wenn sie die Thrombozyten abbaut oder bei schwerem Verlauf
Die Wahl der Behandlung hängt von der spezifischen Zytopenie, deren Schwere und den zugrunde liegenden Ursachen ab. Regelmässige Nachkontrollen sind wichtig, um die Therapie anzupassen.
Diagnostik
Folgende Methoden können zur Diagnosestellung zum Einsatz kommen.
Knochenmarkpunktion
Eine Knochenmarkspunktion ist ein medizinisches Verfahren, bei dem eine kleine Menge Knochenmark aus dem Inneren eines Knochens entnommen wird, meist aus dem Beckenkamm.
Gewebeproben (Biopsie)
Bei einer Biopsie wird von der auffälligen Stelle eine Gewebeprobe entnommen. Dieses Material wird zur Untersuchung ans Institut für Pathologie geschickt.
Mikroskopische Diagnostik
Aus Gewebeproben oder einzelnen Zellen werden Präparate angefertigt, die mittels Mikroskopie untersucht werden. Dies dient einer ersten Beurteilung und Bewertung des Materials. Mittels Spezialtechniken wie Spezialfärbungen, zytochemischen Reaktionen oder immunologischen oder molekularbiologischen Techniken können in weiteren Schritten sehr detaillierte Informationen zur Art des Gewebes und eventuell bestehenden krankhaften Veränderungen gemacht werden. Dies ist entscheidend für das Stellen einer genauen Diagnose und eine optimale Therapieentscheidung.
Molekularbiologie
Mit molekularbiologischen Methoden kann Material nicht nur auf Ebene von einzelnen Zellen oder Geweben untersucht werden, sondern es können Aussagen zum möglichen Vorliegen oder nicht-Vorliegen von Veränderungen auf molekularer Ebene, also der Ebene des Erbmaterials oder einzelner Eiweisse oder Oberflächenstrukturen in Zellen oder Geweben gemacht werden. Dazu zählen auch Verfahren wie «next generation sequencing», in denen hunderte von Genen gleichzeitig untersucht werden können. In der modernen Krebsmedizin ist dies eine wichtige Grundlage für eine treffsichere Diagnose und Einschätzung der Prognose. Insbesondere sind diese Informationen wichtig für den zielgerichteten Einsatz molekular gerichteter Krebsmedikamente, was man auch als «personalized therapy» bezeichnet.
Zytogenetik
Die Zytogenetik ist ein Teilgebiet der Genetik, das sich mit der Struktur, Funktion und dem Verhalten der Chromosomen in Zellen befasst. Sie kombiniert Methoden der Zytologie (Zellbiologie) und Genetik, um genetische Erkrankungen, Chromosomenanomalien und Zellveränderungen zu untersuchen. Besonders wichtig ist sie in der medizinischen Diagnostik, etwa bei Krebs oder erblichen Erkrankungen.
Hämatologische Spezialdiagnostik
Die hämatologische Spezialdiagnostik umfasst spezialisierte Untersuchungen zur Abklärung von Blutkrankheiten, insbesondere malignen hämatologischen Erkrankungen wie Leukämien und Lymphomen. Ein zentrales Verfahren ist die Durchflusszytometrie, bei der Zellen anhand spezifischer Oberflächen- oder intrazellulärer Marker schnell analysiert und klassifiziert werden können. Ergänzend dazu ermöglicht die Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie die hochauflösende Analyse genetischer Veränderungen auf DNA-Ebene, was zur präzisen Diagnose, Prognoseabschätzung und Therapieplanung beiträgt. Zusammen liefern diese Methoden eine umfassende molekularbiologische und immunphänotypische Charakterisierung hämatologischer Erkrankungen.
Allgemeine Labordiagnostik
Die allgemeine hämatologische und onkologische Labordiagnostik umfasst Basisuntersuchungen zur Beurteilung von Blutbild, Blutzellen und Tumormarkern. Dazu gehören unter anderem das vollständige Blutbild, Differentialblutbild sowie Parameter zur Gerinnung und Hämolyse. In der Onkologie werden zusätzlich laborchemische Marker wie z. B. CEA, CA-19-9 oder PSA bestimmt, die Hinweise auf das Vorliegen oder den Verlauf einer Krebserkrankung geben können. Diese Diagnostik dient der Früherkennung, Verlaufsbeurteilung und Therapieüberwachung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen.